Du bist nicht allein.

Es scheint manchmal leichter in der dunklen Jahreszeit über dieses Thema zu sprechen, wobei es ganz klar ein “all year round”-Thema ist. 

Ein Thema, was sehr viele von uns betrifft und leider zu häufig beiseite geschoben wird. 

Bitte entschuldigt mein Schubladendenken hier, vor allem seitdem ich wieder in Deutschland lebe, sehe ich wie sehr wir doch in einem System leben, in dem es oftmals wenig Raum gibt für Momente in denen wir uns “down” fühlen dürfen.

Jetzt wollte ich allerdings nicht auf unser System und dessen Herausforderungen eingehen, sondern vielmehr auf uns als Individuen und wieso es so wichtig ist, über dieses Thema immer wieder zu sprechen. 

Übrigens wähle ich das Wort “down” anstelle von Depression, Burn Out und anderen sehr medizinisch geprägten Definitionen. Ich möchte es damit weder kleinreden noch verharmlosen, aber ich möchte ihm gerne das sooft gefürchtete Krankheitsimage nehmen. 

Denn manchmal, so finde ich, hilft es, unsere Dämonen ins Licht einzuladen, anstatt sie weiter in die Dunkelheit zu vergraulen. 

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Dort, wo Angst sitzt, und dazu gehört die Angst‚ krank oder anders zu sein, siedeln sich mit Vorliebe diese Dämonen an. Somit ab ins Licht mit einer relativ breiten Definition von “down”.

Hand aufs Herz. Hier ist eine meiner Erfahrungen.

Ich erinnere mich gut an eine Zeit in Südafrika, in der ich gerade aus einer Beziehung gestolpert, mich in die Arbeit  und in einen Gedankensumpf gestürzt habe - einen Sumpf an Fragen wie ”Wo will ich leben?”‚ “Was will ich im Leben?”, ”Mit wem?”, “Wie?”, “Wann?”, …das Rad, das, wenn es sich einmal anfängt zu drehen, einen doch unheimlich schnell an sehr gedanklich dunkle Orte befördern kann.

Ich zog mich zurück, empfand eine tiefe Einsamkeit, Motivationslosigkeit und zwischen dem inneren Kampf des funktionieren Müssens immer wieder die Gedanken der Flucht. Raus, weg, einfach nochmal neu anfangen.

Damals fiel es mir sehr schwer, darüber zu reden. Mit Freunden oder meiner Familie. Denn ich war immer die Starke. ”Sie hat alles unter Kontrolle” – und genau dieses Bild machte es nicht nur mir bewusst und unbewusst schwerer, mich zu öffnen, sondern ließ auch Menschen in meinem Umfeld reaktionslos. 

Ich hatte damals zwei Freundinnen, die ich rückblickend sehr bewundere, trotz meiner ständigen “invitation declined”-Aktionen gaben sie einfach nicht auf. Sie standen einfach vor meiner Tür, schleppten mich in die Natur, auf Dinnerparties, Tinderdates ☺ …und was man sonst noch so alles braucht.

An dieser Stelle eine kleine Anmerkung, ich liebe es mit Freunden, Familie zu reflektieren und verschiedene Perspektiven, Meinungen, Ideen zu hören und zu erarbeiten, allerdings sind weder Freunde noch Familie die richtigen Therapeuten. 

Außerdem entschied ich mich zu einem Therapeuten zu gehen. Den ich auch nach dieser Phase über viele Jahre hinweg immer wieder in wichtigen, schweren Situationen und Entscheidungen hinzugezogen habe.

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Ein klarer, objektiver und professionell ausgebildeter Coach/Therapeut bringt IMMER einen anderen, oftmals klareren Ansatz inklusive der Tools, die wir benötigen, um Veränderung einzuleiten.

Neben meinen eigenen Erfahrungen habe ich in den vielen Jahren als Coach und Trainerin mit sehr vielen, ganz unterschiedlichen Menschen gearbeitet. Egal in welcher Lebenslage, Altersgruppe, Einkommensklasse, egal ob Single oder verheiratet, erfolgreich oder konstant suchend, berühmt, beliebt, lone rangers… so gut wie JEDER hatte ein Päckchen zu tragen.

Manche schwerer, andere leichter. Aber Fakt ist: wir können nicht davon ausgehen, dass das Päckchen, das jemand mit hocherhobenem Hauptes trägt, so leicht ist wie es aussieht und es ihm innen drin gut geht.

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Nachdem ich mein Gym in Südafrika gegründet habe, täglich mit Menschen gearbeitet habe, merkte ich mehr und mehr wie sehr wir Orte bzw. Raum brauchen, in dem wir einfach erzählen dürfen. Ohne Angst vor Verurteilung und mit ganz viel Akzeptanz. Akzeptanz gegenüber unseren Emotionen und der Phase, durch die wir gerade gehen. Ein Raum, der uns bestärkt und zeigt, dass wir nicht allein sind.

Was machen wir nun damit?

Hier sind ein paar Gedanken, die ich mir über die Jahre gemacht habe und anlässlich der dunklen Jahreszeit, Pandemie und des immer bestehenden “wir sind alle menschlich”-Status Quo würde ich diese gerne mit euch teilen. 

  1. Down zu sein, ist menschlich und absolut OK!
    Wir gehen durch viele unterschiedliche Phasen, mal himmelhochjauchzend, mal zu Tode betrübt, wir wachsen an unseren Aufgaben und können definitiv genau mit diesen überfordert sein. Wir hinterfragen, sehnen, sorgen u.v.m. und wir werden verlassen, sind enttäuscht, kämpfen mit Veränderung u.v.m. Die Liste ist endlos und was zählt ist, dass es OK ist, mal nicht zu funktionieren und es ebenso OK ist, sich mal rauszunehmen. Mit der Akzeptanz, dass wir ambivalente Gefühle in uns tragen, geben wir unseren Lebensphasen viel mehr Freiheit so zu sein wie wir uns aktuell fühlen, ganz ohne zu schauspielern.
  2. Down zu sein, ist menschlich und absolut OK, ABER…

    … wenn ihr euch schon seit einem längeren Zeitraum in einer solchen Phase befindet und es euch schwer fällt irgendeine Art von Licht am Ende des Tunnels zu sehen, dann ist es unheimlich wichtig zu wissen:

      1. DU BIST NICHT ALLEIN.
      2. DU MUSST ES NICHT ALLEIN BEWÄLTIGEN.
      3. SPRICH MIT JEMANDEM, DER DIR HILFT, DAS LICHT WIEDER ZU FINDEN.
      4. SUCHE PROFESSIONELLE HILFE, SIEH ES ALS BEREICHERUNG UND WEITERKOMMEN, NICHT ALS SCHWACH UND KRANK.

    … wenn ihr einen Freund oder eine Freundin habt, die schon seit längerer Zeit durch eine schwierige Phase geht und sich immer mehr zurückzieht, seid proaktiv:

      1. SEID DA. AUCH OHNE NACHFRAGE UND TROTZ ABLEHNUNG.
      2. HÖRT ZU, OHNE DIREKT TIPPS ZU GEBEN.
      3. SCHAFFT KOMFORTZONE, OHNE VERGLEICH, BEWERTUNG.
      4. GEHT RAUS IN DIE NATUR.
      5. SPRECHT OFFEN ÜBER EXTERNE HILFE, BEREICHERUNG, WEITERKOMMEN, KEIN “DU BRAUCHST HILFE, DU BIST KRANK”.

     

  3. Down zu sein, ist menschlich, absolut OK und…
    • Professionelle Hilfe anzunehmen, macht dich weder schwach noch krank.
    • Offen über seine “Struggles” sprechen zu können, hilft nicht nur der strugglenden Person, sondern uns allen. Akzeptanz schafft Raum, Raum gibt Möglichkeiten besser und ohne Angst damit umgehen zu können.
    • macht uns stärker.
    • Bedeutet nicht, dass du ein Pessimist oder negativer Grinch bist, sondern dass du einfach gerade durch eine Phase gehst, in der deine Aufmerksamkeit und dein Bewusstsein sich um deine Sorgen und Ängste drehen. Wofür es übrigens immer einen Grund gibt, der am Ende folgende Ergebnisse mit sich bringt - Wachstum. Veränderungen. Gesundheit. All das ist super gesund und wichtig.

Zu wissen, dass wir nicht allein sind mit unseren Gedanken, Sorgen und Ängsten kann helfen, etwas Schwere aus der Gleichung zu nehmen.

Proaktiv auf eine Freundin zuzugehen, mit den Worten “ich bin da” kann in diesem einen Moment die Welt bedeuten.

Lasst uns alle an dem Bild weitermalen, dass das Leben uns immer wieder durch schwierige Phasen, auf steile Berge und durch dunkle Täler schicken wird. Auf diesem Weg begegnen wir uns aber mit einer warmen und ehrlichen Offenheit.

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Eine Offenheit, in der wir weder verurteilen noch bewerten und Hilfe annehmen, als Bereicherung, Weiterkommen und Wachsen sehen.

Dann wird unsere Welt zu einem besseren und gesünderen Ort, für uns, unsere Kinder und alle, die mit an dem Bild einer gesunden bunten Welt malen.

Vergiss nicht.
Du bist nicht allein.

With love,
Irène 

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